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Atmosphärisches Wochenbuch

Ein paar Gedanken aus dem Süden

Raimund Schöll am 21.08.2014

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Verweilen. Heute, morgen und übermorgen. Hier im Süden mache ich nichts, jedenfalls nichts, was Mühe bereiten würde, oder mich zur Eile antriebe. Kein Lärm, keine beflissene Betriebsamkeit, kein überflüssiges Geschwafel. Olivenbäume, Sträucher und Blumen bewässern, essen schwimmen, lesen, a bisserl was denken, schlafen. Da wo ich sonst bin, - im Kapitalismus nämlich - liebt man die Stille ja nicht, sagt Byung-Chul Han jedenfalls, und ich finde, er trifft die Sache recht gut. Die Zeit dort ist aufgeteilt, mehr oder weniger unrhythmisch portioniert, aufgereiht wie an einer Kette, vorwärtslaufend. Flüchtig die Orte, flüchtig die Begegnungen, flüchtig das Reden miteinander. Nur ja nicht ruhen! Immer das Optimum im Blick. Und im Gegensatz zu früher finden wir das inzwischen sogar gut. Zumindest sei es alternativlos, meinen viele. Die Optimierungswut hat sich vom äusseren Zwang zum Selbstzwang hin entwickelt, sagt Han. Und Burnout und Depressionen grüßen höflich mit dazu. Je länger jedenfalls ich hier bin, umso komischer kommt mir die Leistungs-, Optimierungsgrammatik bei uns im Norden vor. Hier im ländlichen Süden dehnt sich die Zeit zum Tage aus. Der ganze Tag ist Zeit. Ich Mensch ich, bleibe mehr oder weniger an einer Stelle, im eigenen Rhythmus, bin ohne Zwang und das mit anderen. Was, wenn das mal zur Abwechslung alternativlos wäre? Träumen darf man ja noch.

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