Atmosphärisches Wochenbuch
Geld in Berlin
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Aldo Haesler beschreibt in seinem sehr lesenswerten Buch "Das letzte Tabu - Ruchlose Gedankne aus der Intimspähre des Geldes" den Prozess der zunehmenden Entmaterialisierung des Geldes zugunsten seiner schwindelerregend steigenden, unverschämten kommunikativen Bedeutung - ein atmosphärisch mindestens genauso bedeutender Prozess wie sein ökonomischer und sozialer Bruder.
Als ich für die Kongressbuchhandlung, die derzeit hier beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie dgvt in Berlin tätig ist, Wechselgeld besorgen wollte, kam ich mit Auswirkungen in Kontakt: Drei Banken, die ich in Dahlem anlief, verfügen über keinerlei Bargeldbestände (außer in den Automaten, auf die die Mitarbeiter keinen Zugriff haben - Spielsuchtgefahr?). Die Mitarbeiter waren sehr freundlich und offensichtlich nicht wirklich zufrieden damit, mich wegschicken zu müssen. Ich musste zur Postfiliale gehen - die auch eher ein Schreibwarenladen geworden ist. Dort bekam ich Rollen und kleine Scheine von einer ausgesucht menschlichen Servicekraft. Ein Manustrkiptbüchlein habe ich mir auch gleich gekauft. (Ich finde es übrigens schön, in der Post Schreibwaren und Bürokram kaufen zu können. Das ist ja nur kongruent zu dem Prozess der vergangenen Jahrzehnte, der Postfilialen in schon bestehende Schreibwarenläden brachte. Erst kucken, was man lernen kann von andern, und dann selber machen; so machen es ja auch andere Buchverkaufende auf Kongressen ...).
Aldo Haesler kommt im November zum Systemischen Labor zur sozialen Steuerung über Geld:
http://www.carl-auer-akademie.de/cms/wie_machen_wir_geld.html
Der dgvt-Kongress findet übrigens in der FU statt, Henry-Ford-Bau in der Garystraße. Hier atmet ein besonderer Geist. Die nette Frau von der Post sagte mir im Gespräch, sie sei ne waschechte Berlinerin, aber mit einem Faible für Dialekte - ihre Kostproben waren professionell. In Berlin gebe es halt das alles zu erleben, meinte sie. Genau das ist das schöne an Berlin. Deshalb gibt es hier auch einen Rudi-Dutschke-Weg und sonstwelche Straßennamen, für die man im doch eher konservativen mir-san-mir-wir-können-alles-ausser-hochdeutsch-ein-bier-wie-mir-Süden vielleicht drei Generationen Bürgerinitiativen bräuchte.
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