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Atmosphärisches Wochenbuch

Grünzwergs Gestell

Raimund Schöll am 02.08.2012

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Hanno Grünzwerg unterwegs auf der Autobahn, irgendwo im Unterfränkischen. Kunden, Termine, die Konkurrenz haben ihn fest im Griff. Links und rechts vorbei fliegende Dörfer, Felder und Kuhwiesen, grün türkisfarbene Baggerseen, spitze Kirchtürme und Friedhöfe, Schrebergärten, hölzerne Scheunen und Feldwege, kleine und große Fahrradfahrer, spielende Kinder, Jogger vor terrassierten Weinbergen, Bächläufe und flach auslaufende Hügel, alte Dreschmaschinen am Wegesrand, Birkengrün, leuchtender Weizen und immer wieder der Wald. Sein Wald. Und er erkennt noch was. Etwas, das -  wie der Wald – nicht und nirgends weggeht, allerorts rausragt: Strommasten. Wo er auch hinsieht, überall stehen sie, diese Dinger. Kraftprotzig, sich wichtig machend, stemmen sie sich aus der Landschaft. Strommasten, nicht Telefonleitungen, die ja in Ordnung wären, da auf Holz fußend. Es sind diese fiesen Eisengestelle, mit ihren Revolverarmen und Leitungen, auf die sich kaum ein Vogel setzen mag, diese Möchtegerneifeltürme, die aufgereiht, von einem zum anderen sich bis zum Horizont erstrecken, die stören, nerven. Diese Aus- und  Fehlgeburten der Zivilisation, die sich mit ihren nicht enden wollenden durchhängenden Leitungen breit machen wie Flügel schlagende Kraken, die an Dörfern und Weilern vorbei ziehen - uneingeladen. Mahnmale des Hässlichen. Störenfriede des freien Blicks. Potenzprotze. Elendes Gestell. Man sollte es metzeln, meucheln, abreißen, wegsprengen. Desnachts vielleicht, in einer Freischärleraktion und anschließend sollte man kotzen. Damit die Landschaft endlich wieder frei wäre, und man endlich wieder durchatmen könnte.

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