Atmosphärisches Wochenbuch
Ortswechsel als Methode der Selbstorgansation
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Neulich stand ein wichtiges Telefonat an. Kein Problem normalerweise, aber die ganze Sache hatte einen Webfehler: meine Stimmung. Es handelte sich um einen dieser Fälle, wo die eigene Stimmung nicht zur zu bewältigenden Situation passt. Anderseits aber war Eile geboten, denn der Gesprächspartner wartete auf meinen Anruf. Aufschieben auf den nächsten Tag, sich entschuldigen lassen durch jemand anderen? Keine Chance. Was also tun? Wie verhindere ich, mich einem wichtigen Gesprächspartner zu einem ebenso wichtigen Thema in einer unpassenden Stimmung zuzumuten?
Zufällig war ich zu diesem Zeitpunkt mit meinem Auto in der Nähe eines Dorfes am See unterwegs. Ein Ort, der äußerlich versprach, was mir innerlich nicht zur Verfügung stand. Also bog ich kurzer Hand ab, fuhr die schmale Dorfstraße hinunter und setzte mich auf eine am Seeufer stehende Bank. Der Platz gewährte mir einen Ausblick auf die Alpen, unweit vor mir schwappte rythmisch grünbläulich schimmerndes Wasser an das Gestade, dazu eine leichte Brise und Sonne. Ich saß da, ließ mich umhüllen von dem, was mich umgab, eine Atmosphäre entstand, die als neue Blase einen Unterschied anbot. Die Weite, die dieser Seelenort augenblicklich hervorbrachte, schien das Richtige zu sein. Vergessen war die Enge meines Autos, in dem ich noch kurz zuvor gesessen hatte, einschließlich der eigenen, die mich eben noch für sich einnahm. Als ich nach einer halben Stunde zum mobilen Telefon griff, übrigens noch vor Ort auf dieser Bank, war das Gespräch kein Problem. Im Gegenteil: es lief so wie ich es mir gewünscht und erhofft hatte: Vielen Dank Herr Schöll, war ein sehr gutes Gespräch!
Einmal mehr machte ich die Erfahrung, wie der absichtsvolle Umgang mit Örtlichkeit als atmosphärologische Intervention für die persönliche Selbstorganisation genutzt werden kann. Wir scheinen manchmal zu vergessen, dass uns das An-Einem-Bestimmten-Ort-Sein positiv wie negativ beeinflusst.
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