Atmosphärisches Wochenbuch
Sphärenbruch
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Nachmittags im Büro. Wie so oft, wenn mich die Sitzunlust packt, sehe ich einfach so mal aus dem Fenster. Unten auf dem Platz die gewohnte Szenerie: Einkaufskunden mit Tüten in den Händen, Schülerinnen und Schüler, die ausgelassen schwatzend zur S-Bahn eilen, Autos, die sich an zu engen Parklücken abarbeiten. Zufällig fällt mein Blick auf einen älteren Herren, der - ganz in Gedanken - vorsichtig auf das Gebäude zu geht. Er trägt einen Zettel in der Hand. Die orthopädische Praxis ist auf meiner Etage. Gerade will ich woanders hin gucken, da geht sein Blick zu mir hoch – und der Mann sieht, wie ich sehe. Reflexartig, als müsse er einem gefährlichen Hindernis ausweichen, springt er zur Seite, das Gesicht zur unfreiwilligen Grimasse verzogen. Auch mich erfasst ein kurzer Schreck. Ich trete einen Schritt nach hinten, sehe weg.
Sphärenbruch!, fällt mir ein. Zwei Fremde sind sich für einen Augenblick im Leben gegenseitig zur atmosphärischen Störgröße geworden. Passiert täglich, millionenfach - überall.
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