Atmosphärisches Wochenbuch
Strenge und freie Form
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Krötengesang
Ich weiß von einem See, auf dessen Grund befindet
sich eine Mündin. Unsichtbar. Der See ist tief.
Und wenn vom Grund des Sees sich ein Ruf entwindet,
dann ahnen nur die Uferkröten, was da rief,
in ihren Liedern. Nachts, im dichten Schilf am Ufer,
besingen sie die eigne Ahnung dicht gedrängt.
Ich stünd gern mitten unter ihnen, stiller Rufer,
für den sein Leben am Verstehn des Rufes hängt.
Es ist schon nicht mehr Nacht. Ich singe mit den Kröten
und lausche in das Wasser, kann darin nichts hören.
Als könne ein Gesang den andern einfach töten.
Als ob im Wellenschlag sich Töne nur verlören,
die, recht gehört, Verstehen nur den Hörern böten,
die still im Wasser liegen wie gefällte Föhren.
Muschel
Ich trage dein Atmen in der Muschel,
die wir fanden unterm Gras dort,
wo sie schon so lange lag,
von niemandem erhört.
Ich halte sie an mein Ohr.
Ich gieße sie aus über mir.
Du bist fort.
Die Ströme aus den Nüstern unserer Muschel
wärmen mich doch und tragen.
Ihr Duft und Klang sind wie von weit her.
Sie hat sie uns bewahrt.
Oder denen, die sie fanden,
wie wir Glücklichen.
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