Atmosphärisches Wochenbuch
Wertstoffhöfe
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Der Deutsche hat es ja gottlob aufgegeben, im Alltag allzu verbissen mit sich und anderen zu sein. Schneidig-zackiges Gehabe, wie in früheren Zeiten üblich, scheint so gut wie ausgestorben. Im Gegenteil: lieber gibt man sich heute betont locker und tolerant - zumindest in öffentlichen Räumen.
Doch gibt es auch Areale, wo dieses eherne Gesetz außer Kraft gesetzt ist. Auf Wertstoffhöfen zum Beispiel hört für so manchen der Spaß anscheindend auf. Da wird die eingeübte Lässigkeit schon mal der inneren Kampfsau geopfert: berserkerhaft hauen Menschen im Eilschritt ihre Gartenabfälle und alten Regale in die Tonne, zerkleinern grimassierend ihre mitgebrachten Kartonagen, werfen fluchend ihre alten Teppiche auf die Restmüllhalde, oder leeren Altglas in Stahlcontainer, als würde es sich um noch scharf gestellte Weltkriegshandgranaten handeln. Und wehe dem, der als Mitbeteiligter irgend jemandem nur eine Sekunde lang im Weg steht.
Gestern gerieten mein Sohn und ich mit unserem voll beladenem Auto in eine solche Szenerie. Und eh wir's uns versahen, schnarrten uns beim Ausladen unseres Gerümpels schon die Kommandos entgegen: Nein, das gehört nicht da rein!.... Passen Sie auf Sie, beinahe hätten Sie mir Ihr Brett ins Gesicht gehauen, obwohl es eher umgekehrt war und der alte Herr meinem Sohn ins Brett lief. .... Hey Vorsicht, ich will hier vorbei! Sie versperren mir den Weg! .... Außenholz gehört in die private Mülltonne, wie oft soll ich das hier eigentlich noch sagen! .... Ihr Teppich steht über der Tonnenkante, sehen Sie das nicht!?... Batterien in die schwarze Tonne da vorne bittääääää!
Das Nette, Umgängliche? Auf Wertstoffhöfen sollte man es nicht unbedingt erwarten, lernt man. Zumindest dann nicht, wenn sich deutsche Menschen dort massieren. Lost in translation sozusagen - zwischen Plastikabfällen und laufenden Automotoren, Altkleidercontainern und alten Korken. Wenn wir die Augen zugemacht hätten, wären wir uns vor gekommen wie auf einem Kasernenhof, waren wir uns einig. Eigentlich saublöd. Aber was soll man machen?!
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